Ich habe sie selbst vor Kurzem kennengelernt. Ein Freund hatte den Termin vermittelt. Fast zwei Stunden im persönlichen Gespräch mit Sahra Wagenknecht. In Berlin. Wenn sie den Raum betritt, erscheint eine Persönlichkeit, deren Ausstrahlung man sich kaum entziehen kann. Im Gespräch angenehm. Differenziert. Unaufgeregt. Intellektuell.
Dass im Krieg mit der Ukraine zwischen der Ukraine und Russland jeden Tag sinnlos Menschen sterben. Dass das so schnell wie möglich aufhören und man endlich ins Gespräch kommen muss. Ein entscheidendes Thema für sie. Man möchte das sofort unterschreiben.Im Fernsehen kommt das kaum vor, obwohl die Hälfte der Menschen das bei uns genauso sieht. Fast jeden Tag Roderich Kiesewetter oder Norbert Röttgen, die im feinsten Anzug noch mehr Milliarden für Waffen in dieses Kriegsgebiet einfordern. Beschämend. „Ein verengter Meinungskorridor“ sei das. Ja, das ist so! Wer anderer Meinung ist, wird nur mehr als Alibigast für vorgeblichen Meinungspluralismus ins öffentlich-rechtliche Fernsehen eingeladen. Allein gegen alle anderen samt Moderator.
Und dass die Reichen in Deutschland immer reicher werden, während ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger Angst hat, abgehängt zu werden, das ist Realität. Das sollte man ändern. Mit der FDP wird das nicht gehen. Da hat Sahra Wagenknecht einfach recht! Manches aber bleibt einem fremd, was sie sagt. Zu weit weg von der Wirklichkeit, wie sie heute ist. Europäisch sollte man doch denken und bei aller Kritik an der Seite der USA. Eine europäische Sicherheitsarchitektur mit Russland, ja. Aber der Weg ist weit. Ob die Dringlichkeit, Klima und Natur mit allen realistischen Mitteln zu schützen, ausreichend gesehen wird, ist auch nicht klar.
Aber Sahra Wagenknechts Mut, mit einer neuen Partei an die Öffentlichkeit zu gehen, ist bewundernswert. Und die Fragen zu stellen, die sonst allzu oft unterschlagen werden, man ist dankbar dafür. Dass die Städte und Gemeinden mit dem riesigen Andrang von Flüchtlingen nicht mehr zurechtkommen. Ein ganz dringendes Thema für sie. Glücklicherweise jetzt endlich auch für die anderen.
Wie wird das ausgehen? Vielleicht nimmt Sahra Wagenknecht der AfD wirklich entscheidend Stimmen. Stört und zerstört den starken rechten Rand des politischen Spektrums, indem sie möglichst viele der ganz Unzufriedenen auf ihre Seite holt. Hoffentlich nicht mit einem Appell an die Wut bei vielen wie die AfD, sondern mit Lösungsvorschlägen und Konzepten, die realistisch sind und immerhin in Teilen tragfähig. Anschlussfähig an das, was die demokratischen Parteien, die heute wählbar sind und die wir dringend brauchen, an guten Vorschlägen und Lösungen dann doch auch haben. Eine Stimme in der Politik, die hilft und nicht schadet. Dialogfähig und dialogwillig, nicht dogmatisch. Spannend ist es in jedem Fall!