Wie können wir die Welt erkennen? Familienhund Caruso hat dazu ein paar Anregungen

Guten Morgen, Herr Caruso!

Mein Lieber, Sie schon wieder…

Ja, Herr Caruso, wir haben leider ein Problem… 

Das da wäre?

Es gibt ganz unterschiedliche Reaktionen auf unsere Gespräche in der Zeitung! 

Tatsächlich?

Ja, es ist so: Die einen finden sie wunderbar und wollen noch viel mehr davon, die anderen finden sie eher idiotisch! Was sollen wir denn jetzt machen? 

Naja, Idioten gibt’s halt immer!

Sie meinen, dass die, die unsere Gespräche idiotisch finden, selber Idioten sind? Machen wir es uns da nicht zu einfach? 

Also, das ist doch ganz einfach: Menschen, die Dinge wunderbar finden, sind in der Regel selber wunderbar; wer alles idiotisch findet, naja, da wollen wir nicht weiterreden…

Aber, Herr Caruso, wenn ich das zu Ende denke, dann heißt das ja, dass wir gar nichts wirklich erkennen können, sondern immer nur sehen, was vorher schon in uns ist, das ist doch ganz schrecklich! 

So hat das aber leider schon vor 250 Jahren der Immanuel Kant beschrieben: Es gibt keine objektive Erkenntnismöglichkeit, wir sehen immer nur buchstäblich mit unseren Augen!

Das ist ja schrecklich! Dann weiß ich ja nicht einmal wirklich, ob Sie ein Hund sind und ich ein Mensch bin. Und nicht umgekehrt. Das relativiert ja alles!

Naja, die ganz einfachen Dinge kann man schon einigermaßen erkennen, aber was ich doch sagen möchte: Wenn’s ganz kompliziert wird, dann gibt’s eben keine objektive Perspektive mehr.

Sondern nur kleine Fenster in verschiedene Wirklichkeiten?

Ja, genauso ist das, Sie fangen an zu verstehen!

Und ich hab immer gehofft, dass ich etwas von der Welt wirklich erkennen kann… 

Also jetzt nicht traurig werden…Sie können schon etwas erkennen. Aber wenn Sie sagen, Sie haben gehofft, dass Sie etwas erkennen können, dann liegt doch schon darin, dass Sie das hoffen, eine gewisse Bescheidenheit, das ist doch ein kluger Anfang!

Und woran kann ich dann Wahrheit erkennen? 

Nicht so ganz schwer. Oft ist es der Ton, der die Musik macht. Wenn jemand sehr aggressiv ist, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass er selber in einer bedrängten Lage ist und sich auf Kosten Anderer gerade mal Luft verschafft.

Aber wenn jemand nicht bedrängt ist – und so souverän wirkt, wie zum Beispiel Donald Trump, woran kann ich dann erkennen, ob er versucht, die Wahrheit zu finden oder nicht? Wenn dem die Menschen sogar seine Lügen glauben, weil er sich so wahrhaftig zu benehmen scheint – so selbstsicher im Ton. Man hat doch bei dem immer sofort das Gefühl: Der weiß wirklich Bescheid! 

Sehen Sie: Und deshalb ist es gerade wichtig zu verstehen, dass niemand auf dieser Welt so ganz wirklich Bescheid weiß! Wer sich so benimmt, da sollte man gleich mal Verdacht schöpfen!

Also Herr Caruso, das hat mir jetzt auch für andere Situationen in meinem Leben geholfen. Ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses aufschlussreiche Gespräch!

Ich danke Ihnen.

Straubinger Tagblatt vom 16. November 2024