Eine bayerische Erfolgsgeschichte

Mit viel Umsicht und Geschick hat Josef Schörghuber ein florierendes Unternehmen gegründet, das im Laufe der Zeit immer mehr expandierte und von seiner Familie erfolgreich weitergeführt wird

Was macht einen Mann erfolgreich? Weshalb schaffen es die einen fast aus dem Nichts zu einem Reich aus Macht und Reichtum, während den anderen dieser Aufstieg trotz großer Bemühungen verwehrt bleibt? Was sind die Tugenden, die Fähigkeiten, die es braucht? Ist es Glück, ist es Begabung, ist es Fleiß oder die Mischung aus allem? Was ist die Tür zum Erfolg? Wo geht die Treppe nach oben?

Bei Josef Schörghuber, dem Gründer der Unternehmensgruppe Schörghuber, die jetzt in dritter Generation erfolgreich geführt wird, waren es buchstäblich Treppen und Türen, die ihm den Weg zum Erfolg gebahnt haben. Zum 65. Jubiläum der Schörghuber-Gruppe wurde jetzt ein 368-seitiger, äußerst spannender Rückblick vorgelegt, der die Geschichte des Unternehmens detailliert beschreibt und zeigt: Am Anfang standen tatsächlich Türen und Treppen.

Die Nachkriegszeit braucht dynamische Unternehmer

Auf dem Land, in Mitteraham bei Mühldorf beginnt die Geschichte der Unternehmerfamilie Schörghuber. 1859 gründet der Urgroßvater Simon Schörghuber eine Werkstatt. Letztlich ist es eine Schreinerei, die der Zimmerer betreibt, um Scheunen, Heuböden oder auch Getreidelager zu errichten. Aber 100 Jahre später hat sich die Firma schon spezialisiert und im Gewerbeverzeichnis von Mühldorf heißt es 1946, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg: „Wegen der Bombenschäden“ ist dieser Betrieb „sehr lebenswichtig, denn Schörghuber ist in der nächsten Umgebung Mühldorfs der einzige Treppenbauer“.

Aus Mühldorf heraus beginnt Josef Schörghuber drei Generationen nach der Gründung des Betriebs nach München Holztüren und auch Holztreppen zu liefern. Erfolgreich. Dann das Schlüsselerlebnis. Der junge Unternehmer soll für ein Haus einen Dachstuhl liefern. Ein arroganter und unsympathischer Bauträger fährt mit einem Cabrio vor und löst in Schörghuber einen Gedanken aus: „Eigentlich bin ich doch blöd, wenn ich dem das liefere und mache. Bauträger kann ich selbst werden.“

Das Geschick des jungen Josef Schörghuber aber zeigt sich schon bei einer anderen kleinen Facette, die den Unterschied ausmacht. Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft schon 1945 entlassen, bringt er aus dem Zweiten Weltkrieg als junger Soldat nicht nur seelische Verletzungen nach Hause, sondern auch einen Kleintransporter der Marke Opel Blitz. Es war dem jungen Soldaten tatsächlich gelungen, dieses Fahrzeug von seinem Stab günstig zu erwerben und so einen Meilenstein zu setzen auf dem Weg in eine neue Zukunft nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg.

Was ist der Unterschied? Was macht einen Mann erfolgreich? Es sind einzelne Baustellen, mit denen der junge Unternehmer als Bauträger beginnt. Zwei verfallene Häuser in München-Bogenhausen, die er erfolgreich saniert. Zeitgleich ein Vertrag mit dem beauftragten Architekten, dass er im Gegenzug Türen liefern darf für andere Projekte. Und das sind dann schon größere Baustellen: Es sind die Siemens-Hochhäuser in München. Ein weiterer Durchbruch.

All das in den frühen 50er Jahren. Die Zeit braucht neue und dynamische Unternehmer, die Märkte sind da, der Wiederaufbau Deutschlands schafft ungeheure Möglichkeiten. Allein in den 50er Jahren errichtet Schörghuber in München knapp 600 Wohnungen und sechs Reihenhäuser. Da entsteht natürlich Kraft, aber auch Know-how.

Und weiter? Glück und Findigkeit: Zeitgleich mit der Idee der Stadt München, große Tochterstädte zu entwickeln, entdeckt der Unternehmer in Bogenhausen ein nicht erschlossenes Areal von 320 000 Quadratmetern. Der Arabellapark entsteht. Allein im Arabellahaus 700 Appartements, dazu Kliniken, daneben das Hotel, Restaurants und viele Geschäfte. Ein nächster, großer Schritt. So beginnen Erfolgsgeschichten. Nicht dann, wenn in der Zeitung steht, was gelungen ist, sondern wenn keiner darauf achtet.

Was dann kommt, ist bekannt, und jeder Unternehmer kennt die Mechanismen, die ab da greifen. Wer hat, dem wird gegeben. Er muss nicht mehr buchstäblich Türklinken putzen. Die anderen rufen an, aus anderen Städten, aus anderen Ländern, aus anderen Kontinenten. Ein Reich entsteht und wächst. Es gibt auch Krisen, aber längst ist die Fachkompetenz der Führungsfiguren zu groß, als dass ein Scheitern denkbar wäre. Die Welt wird zum Schachbrett, und der Unternehmer als Schachspieler hat Freude, die richtigen Züge zu wählen oder auch die falschen zu verstehen und nicht wieder zu machen. Die Politik lädt ein und freut sich, wenn der Unternehmer zusagt und kommt. Am Anfang einer Unternehmergeschichte ist das noch umgekehrt.

Das Fortsetzen des bewährten Weges

Auch die nächste Generation steht im Zeichen solider Ausbildung, die sich einem abgehobenen oder arroganten Verhalten verweigert. Der Sohn Stefan darf schon mit 18 Jahren die Brauneck Bergbahnen leiten. Denn in der Praxis kann man am besten lernen, nicht beim Betriebswirtschaftsstudium. Und deshalb wird der Junge auch Bierbrauer. Das ist konkret. Wenn er ’s falsch macht, schmeckt das Bier nicht, die Quittung kommt sofort. Besser kann man nicht lernen. Am Ende aber wird das Bier nicht von ihm gebraut, sondern es entsteht der bekannte Brauerei-Konzern mit den Marken Hacker-Pschorr und Paulaner. Wieder ein Spiel auf der Weltbühne. Noch mehr Immobilien, aber auch Kooperationen mit anderen Spielern, die genauso stark sind, zum Beispiel Coca-Cola oder Heineken. Wer hat, dem wird gegeben.

Trauriges gibt es auch zu lesen: Mit 75 Jahren hat Josef Schörghuber Magenkrebs. Am 12. Mai 1995 feiert er noch mit vielen Wegbegleitern seinen Geburtstag, keine zwei Wochen später klagt Ministerpräsident Edmund Stoiber beim Requiem in der Theatinerkirche: „Als Josef Schörghuber am Freitag, den 12. Mai 1995, mit vielen Freunden und Gästen seinen Geburtstag feierte, hätte niemand daran gedacht, dass binnen zwölf Tagen die ehrenden Worte und Geburtstagsreden in Nachrufe münden würden.“ Und auch der Sohn Stefan, der genauso erfolgreich ist wie der Vater, erleidet ein schlimmes Schicksal. Nur 13 Jahre nach dem Vater stirbt er mit 47 Jahren an Herzversagen.

Was macht ein Unternehmen erfolgreich? Dass die Unternehmer es breit und solide aufstellen. Es hängt dann längst nicht mehr nur vom erfolgreichen Gründer ab, sondern von Strukturen und verlässlichen Führungsleuten, die es über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut wurden. So dass dann die nächste Generation auf den Leistungen der Gründer und ihrer Söhne aufbauen kann. Da geht es dann nicht mehr darum, nochmals Türen und Treppen zu bauen oder auch Häuser. Da geht es dann um das Bewahren und Fortsetzen eines Weges, den die Vorfahren mit viel Mühe beschritten haben. Es geht um die bewahrende Integration dessen, was geschaffen wurde. Und so sagt Alexandra Schörghuber nach dem Tod ihres Mannes Stefan: „Mir war von Anfang an klar, dass ich das Unternehmen nicht operativ führen würde. Ich konnte und wollte nicht in die Fußstapfen meines Mannes treten. Zum Glück gelang es mir aber sehr schnell, ein Management aufzubauen, das die erforderliche Erfahrung und Kompetenz mitbringt.“ Was macht ein Unternehmen erfolgreich? Dass in jeder Generation exakt die Kompetenz aufgebaut wird, die gerade jetzt notwendig ist.

Michael Kamp, Florian Neumann: Schörghuber 1954-2019. Eine bayerische Unternehmergeschichte. Volk Verlag, München, 368 Seiten, 28 Euro.

Straubinger Tagblatt vom 30. Mai 2020