Wie wird’s denn wirklich gewesen sein? Was war wohl der Inhalt der Gespräche des alteingesessenen Bankhauses in Hamburg damals, als Olaf Scholz noch Oberbürgermeister der Hansestadt war? Das ist nicht schwer vorstellbar: Die Banker werden gekommen sein und um ein vertrauliches Gespräch gebeten haben. Es ist nicht ganz klar, werden sie da gesagt haben, ob das alles mit Recht und Gesetz zugegangen ist, was wir getan haben. Wir haben uns in einem Graubereich bewegt.
Zwischen Schuldeingeständnis und Selbstverteidigung werden sie sich dargestellt haben. So den politischen Partner im Rathaus ins Vertrauen gezogen. Bevor der merkt, was geschieht, ist er so schon dabei. Ein nicht ganz unübliches Verfahren, das man anwendet, wenn man Mist gebaut hat. Und dann? Geht man als so angesprochener Politiker nach so einem Gespräch, das von der anderen Seite im Zeichen des Vertrauens geführt wurde, zum Staatsanwalt und zeigt sich und den anderen an? Niemand würde das tun! Einzig sinnvolle Strategie: Man schweigt und gibt in einem zweiten Gespräch den Rat, die Sache zu bereinigen. Wie? Das ist nicht meine Sache, wird der Politiker am besten sagen und so alles im Ungefähren belassen. Erinnerungslücken heute? Sicher nicht ganz falsch, wo doch damals alles schon so im Nebel lag. Auch das eine mehr als sinnvolle Strategie.
Und geht es den Politikern der Union wirklich um den Schaden, den die Bank damals anrichtete? Oder ist es nur wieder das alte Spiel, den politischen Rivalen zu beschädigen? Ihn abzuschießen, wie die Parteien das so gerne nennen.
Auch der Rat des Kanzlers an seinen neuen Verteidigungsminister, die Panzer, die gewünscht werden, erst einmal zu zählen. Wunderbar! Sind es acht oder elf oder doch 14? Man weiß es ja wirklich nicht – und schon gar nicht, wie viele davon überhaupt funktionieren. Auch das nicht wirklich eine Lüge. Erinnert an den listigen Odysseus.
Die Opposition tobt und die dummen Hauptstadtjournalisten zeigen sich in den Nachrichtensendungen erregt und fassungslos. Roderich Kiesewetter schäumt, Friedrich Merz belehrt wie immer bestimmt, erzürnt und zieht tief besorgt die Stirn in Falten und der kleine korrupte Philipp Amthor erklärt auf Phoenix seine Weltsicht, wo er jetzt endlich wieder mitspielen darf, nachdem ausreichend Zeit vergangen ist nach seinem Korruptionsskandal.
Gegenfrage: Wollen wir wirklich, dass solche Leute in unserer Republik Verantwortung tragen? Olaf Scholz schweigt eigentlich immer. Aber liegt in diesem Schweigen nicht doch eine Botschaft? Soll er sich wirklich hinstellen und erklären, dass dieser Krieg sinnlos ist? Wo doch die Amerikaner, die man in Europa immer noch braucht, das Gegenteil erzählen? Oder auch die Partner im Osten Europas, mit denen man eine gemeinsame europäische Zukunft sucht.
Olaf Scholz geht in der Politik, die er für richtig hält, so weit es nur geht. Wo es nicht mehr geht, gibt er am Ende nach, um Schlimmeres zu verhindern. Die Opposition und die dummen Hauptstadtjournalisten deuten das als eigensinnige Passivität, die Europa spalte. Immer käme Deutschland zu spät. Das ist Blödsinn! Irgendwann wird man sich an einen Tisch setzen müssen und verhandeln, sagt der österreichische Außenminister. Gut, dass auch Olaf Scholz das heute schon weiß und bedenkt.
Straubinger Tagblatt vom 23. Januar 2023