Das war schon eine sehr seltsame Veranstaltung, als Donald Trump letzte Woche „seinen“ Friedenspreis von der Fifa überreicht bekam. Das erinnerte dann doch an die besten Asterix-und-Obelix-Hefte aus den guten alten vergangenen Zeiten: Der amerikanische Präsident Donald Trump, der offenkundig in seiner frühkindlichen Lebensphase in den Zaubertrank des Narzissmus gefallen ist, bekommt glückselig einen riesigen Pokal nach einem Rennen, bei dem er der einzige Teilnehmer war. Eine goldene Medaille wird zudem überreicht, noch dazu eine Urkunde!
Jedes sechsjährige Kind würde fragen, welches Rennen es gegen wen gewonnen hat – und ob der Preis denn so überhaupt etwas wert ist – aber nicht Donald Trump, der danach glückselig und stolz zum Publikum im Saal bei der Auftaktveranstaltung zur Fußballweltmeisterschaft in den USA zu sprechen anhebt. Als er dann seine Gattin Melania begrüßt, erhellen sich deren Gesichtszüge wie immer nur einen Augenblick, bevor die gewohnte Abneigung gegen den Gatten ihre Mimik wieder ganz zu verschatten beginnt. Offensichtlich ist es noch schlimmer, mit Donald Trump verheiratet zu sein, als mit ihm im Nato-Bündnis Probleme zu haben.
Auch Melania Trump ist irgendwie eine Comic-Figur. Sie wird einfach nicht älter – und wenn es Donald Trump am Ende tatsächlich gelingen würde, sich eine dritte Amtszeit zu ergattern, sie würde erneut nicht altern und als Weltwunder auf dieser sonst oft allzu tristen Erdkugel jeden Tag wieder neu zu bestaunen sein.
Ebenfalls auf der Bühne die altbekannte Heidi Klum, die jedes Jahr immer mehr an die von Obelix so heiß begehrte Blondine Falbala erinnert: Auch sie scheint nicht zu altern, jedenfalls nicht auf den ersten Blick – und auch nicht auf den zweiten – offensichtlich gibt es auch in dieser wirklichen Welt die verschiedensten Zaubermittel, nicht nur in den Comic-Heften von Asterix und Obelix, wo der Druide Miraculix die Seinen regelmäßig mit dem Trunk verzaubert, der übermenschliche Kräfte verleiht.
Auch der Fifa-Boss Gianni Infantino, der es wundersamerweise geschafft hat, seinen Vorgänger Sepp Blatter an Bestechlichkeit noch zu übertreffen, würde perfekt in das unbesiegbare gallische Dorf passen. Er wäre dort der „SchmiermichmalDanngehtwas“ und würde von den wackeren und aufrechten Galliern wahrscheinlich über die gesamte Dauer des Heftes an einen Baum gebunden, nicht nur beim Fest am Schluss, wenn der Sänger Troubadix wie immer nicht mitmachen darf. Immerhin wurde Donald Trump nicht wie der Häuptling der Gallier, Majestix, auf einem Schild in den Saal hereingetragen – und verließ die Bühne – für alle erkennbar – auch eigenständig wieder, aber das war fast schon der einzige Unterschied zu den vielen Abenteuern von Asterix und Obelix!
Die Reaktion auf diese seltsame Veranstaltung war weltweit allerdings wenig belustigt. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte in ihrem Sportteil „Die Unterwerfung“ und die CNN-Kommentatorin Ana Navarro findet, dass der Fifa-Chef in die „Hall of Fame der Arschkrieger“ aufgenommen werden sollte, so wörtlich. Das Ganze wurde also eher in tragischer Lesart wahrgenommen – und nicht in komischer. Immerhin heißt der Verlobte von Falbala, um die Obelix immer ohne Erfolg wirbt, Tragicomix, sodass auch von der tragischen Lesart eine Spur in die Welt des gallischen Dorfes zurückführt.
Aber eine Frage stellt sich doch allen Ernstes: Wie geht man mit jemandem um, der auf der politischen Bühne erkennbar ein Narzisst ist. Und diese entscheidende Frage lässt sich auch auf den grausamen russischen Präsidenten Wladimir Putin übertragen, der in Teilen durchaus ein ähnliches Charakterbild aufweist wie Donald Trump.
Der international renommierte englische Historiker Orlando Figes schreibt in seinem lesenswerten Buch „Eine Geschichte Russlands“, dass es sich auch bei dem russischen Präsidenten um einen Menschen handle, der von einem narzisstischen Selbstwertgefühl her agiere. Schon in der Geschichte Russlands sei es so gewesen, dass man „als Teil Europas mit Respekt behandelt werden“ wollte. Wo man „zurückgewiesen oder gar gedemütigt wurde“, entwickelte man auch in der Historie Feindseligkeit gegenüber den Zurückweisenden. In Putin lebe diese Haltung weiter, wie bei seinem Zornesausbruch bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 deutlich erkennbar wurde.
Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Denn dass Putin die Nato als ein gegen sich und Russland gerichtetes Angriffsbündnis erlebt, ist doch weniger wahrscheinlich als die Tatsache, dass er deren Ausdehnung als narzisstische Kränkung fühlt. Während sich seine Welt immer weiter verkleinert, wird das westliche Gesellschaftsmodell immer erfolgreicher und nimmt plötzlich in den Nachbarländern Gestalt an. Da geht es nicht zuerst um Raketen und wirkliche Bedrohung, sondern um Stolz und das Gefühl der Demütigung. Für Putin ist das in etwas so, als würde bei einem Fan von Bayern München in Nachbars Garten regelmäßig die Fahne von Borussia Dortmund gehisst. Das ist dem zwar erlaubt und da wird dann auch nicht zum Angriff geblasen, aber für das gut-nachbarschaftliche Verhältnis ist das ein Problem.
Unser europäisches Verständnis eines gesellschaftlichen Miteinanders folgt der Maxime Immanuel Kants: Handle so, dass Du auch der Andere Deines Handelns sein könntest. Jedenfalls sollte das so sein. Der Narzisst handelt dagegen so, dass vor allem er die Vorzüge seiner Welt genießen kann. Hinter seiner vordergründigen Freundlichkeit blitzt deshalb beim Narzissten immer eine ungeheure Aggressivität auf, was sowohl bei Donald Trump als noch viel stärker auch bei Wladimir Putin täglich zu beobachten ist. Wie geht man also am besten mit einem Narzissten um? In unserer normalen Alltagswelt gibt es nur ein Rezept bei Narzissten: Geh weg von ihnen und schütze Dich so!
In der globalen politischen Welt, wo alle mit allen vernetzt sind, ist das nicht möglich. Das Problem: Sie sind anders, sie bleiben anders und sie kommunizieren anders. Was nicht geht, ist erkennbar, dass wir sie auf Spur bringen wollen. Dass wir ihnen erfolgreich die Gültigkeit unserer Werte beibringen. Das Leben mit ihnen bleibt immer ein mühsames Unterfangen mit wenig Fortschritten.
Ein Weg, der hilft, ist ihnen mit Wohlwollen und Wertschätzung zu begegnen – was nicht leicht fällt! Friedrich Merz hat das getan, indem er Trump die Geburtsurkunde des Großvaters mitgebracht hat. So falsch lag Infantino mit seinem Pokal also gar nicht.
Straubinger Tagblatt vom 12. Dezember 2025