Seit gut zehn Jahren sitze ich beim FC Augsburg regelmäßig hinter der Trainerbank. Da sieht man sie kommen – und gehen, die Trainer. Markus Weinzierl aus Straubing, dann Manuel Baum, ebenfalls aus Niederbayern, Enrico Maaßen, schnell enttäuschte Hoffnung aus Dortmund, dann schon wieder Markus Weinzierl, schließlich der nette Herr Thorup aus Dänemark, jetzt also Sandro Wagner.
„Nicht mehr die graue Maus sein“, das war der Wunsch des Geschäftsführers des FC Augsburg. Und das ist offenkundig schon mal gelungen. Beim ersten Heimspiel des FC Augsburg – auch noch gegen die Bayern aus München – warteten so viele Kameras vor der Tribüne auf die Mannschaften wie nie zuvor; aber allesamt waren sie nur auf den neuen Trainer von Augsburg gerichtet! Spannung pur, wie das an diesem Samstagabend wohl werden würde.
Die Spieler wirken von Wagners Stil teilweise verwirrt
Der neue Trainer auf jeden Fall sympathisch. Die Einlaufkinder klatscht er allesamt liebevoll der Reihe nach ab, das sieht man so nun wirklich selten. Die Beziehung zur Mannschaft erkennbar gut. Und die Wahrheit auf dem Platz? Der Trainer nimmt 90 Minuten lang am Spiel teil, als wäre er der zwölfte Mann auf dem Platz. Er läuft auf und ab, winkt Spieler zu sich, pfeift und ruft ununterbrochen in das Spiel hinein.
Aber ist das wirklich gutes Coaching? Müsste der Spielplan nicht vorher klar sein? Andere Trainer korrigieren während des Spiels in einzelnen Situationen – und nehmen sich dann wieder zurück, bevor sie nach einer gewissen Zeit eventuell erneut eingreifen. So entsteht für gewöhnlich auf dem Spielfeld eine eigene Situation, die aus der Spannung zwischen dem Plan des Trainers und der Eigendynamik von Spiel und dem Bemühen der eigenen Mannschaft heraus kreativ wird.
Dieser Prozess findet bei Sandro Wagner erkennbar nicht statt. Die Spieler sind offensichtlich teilweise auch verwirrt, weil sie ständig zwischen dem Spiel und den ununterbrochenen Ansagen des Trainers stehen. Und das Spiel selber? Im Mittelfeld gegenüber der letzten Saison doch ein Rückschritt. Dass über eingeübte Ballstafetten – wie noch in der letzten Saison oft genug erfolgreich – das Mittelfeld überbrückt werden soll, eher Fehlanzeige. Stattdessen der Versuch eines schnellen Umschaltspiels direkt in die Spitze, wo der Ball aber regelmäßig verloren geht und oft genug beim Torwart landet. Ein eingeübtes Spielsystem wird nicht erkennbar. Aber immerhin heißt der Gegner ja auch Bayern München, das könnte gegen andere Mannschaften noch besser werden.
Die Energie der Mannschaft, angefeuert vom ehrgeizigen Trainer, ist dafür höher als in der letzten Saison. Lässt sich das so über 34 Spieltage durchhalten? Und zwei Spieler mussten schon während des Spiels mit Muskelverletzungen vorzeitig vom Platz, der vom Trainer eingeforderte Spiel- und sicher auch Trainingsstil fordert schnell seine Opfer.
Dahmen und Matsima agieren auf überdurchschnittlichem Niveau
In der Abwehr ein unglaublich guter Torwart, Finn Dahmen, der allein mehrere Tore verhindert, und mit Chrislain Matsima ein Abwehrspieler, der auch für die Bundesliga weit überdurchschnittlich agiert. Mag schon sein, dass der FC Augsburg mit dem neuen Trainer bunter und spannender wird. Aber irgendwie sehnt man sich doch nach dem ruhigen und souveränen Stil von Jess Thorup zurück. Hoffentlich geht es der Mannschaft nicht schnell genauso!
Straubinger Tagblatt vom 2. September 2025