Alles andere als ein Hirngespinst: Wenn Leser an Carusos Existenz zweifeln, findet mein Hund klare Worte

Guten Morgen, Herr Caruso!

Guten Morgen, Professor, was gibt’s Neues?

Also, ich habe etwas ganz Seltsames erlebt, ganz seltsam!

Und was ist das?

Ich war letzte Woche bei einem philosophischen Zirkel an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München…

Das ist doch nicht seltsam, praktisch bringen Sie ja bekanntlich gar nichts zusammen, so bleibt Ihnen die Philosophie!

Nein, das ist doch nicht das Seltsame, das, was ich dort erlebt habe, war so seltsam….

Erzählen Sie!

Also, es ging um Fragen des Sinns im Leben, um Gottvertrauen, die ganze Klaviatur dessen, was uns Menschen so beschäftigt…

Aber das ist doch nicht seltsam, ich denke über diese Dinge ständig nach!

Aber dort geschah doch etwas ganz Ungewöhnliches. In diesem philosophischen Kreis saß ein älteres Ehepaar, das ich dort schon häufiger angetroffen habe. Nette Leute, die man sofort gernhat. Und stellen Sie sich vor, die Dame hatte den ganzen Abend lang, also fast zwei Stunden, ihren Dackel auf dem Schoß!

Hat der etwa mitphilosophiert?

Nein, nein, um Gottes Willen, er saß ganz still auf dem Schoß seiner Chefin und hat zugehört!

Das will ich auch hoffen, wenn Dackel jetzt auch schon philosophieren wollten, wo kämen wir da hin?

Das sowieso, aber danach geschah das ganz Seltsame. Ich berichtete von unseren Gesprächen und dass die ja auch regelmäßig in der Zeitung abgedruckt würden und ich sagte dann natürlich schon, dass mein Hund Caruso für diesen Zirkel intellektuell einen Schritt zu weit sei!

Danke für das Kompliment, stimmt sicher, auch wenn ich nicht da war…

Naja, soweit alles normal, aber zwei Tage später erhielt ich diesen ganz seltsamen Brief, aus dem ich Ihnen jetzt kurz vorlese: „Lieber Herr Professor, es war schön, Sie gestern zu treffen. Da wir nicht in Straubing und Umgebung wohnen, waren uns Ihre Dialoge mit Ihrem Hund bis dahin unbekannt. Erst heute früh haben wir sie im Internet nachgelesen und sind beseelt: Was für ein kluger Hund!“

Muss ein sympathisches Ehepaar sein…

Natürlich, aber jetzt kommt’s, denn die schreiben weiter: „Wir kommen zu unserem Anliegen: Es wäre uns eine große Freude, Caruso für seine Ausführungen zu danken und für Künftiges zu motivieren. Ein Päckchen mit einer Auswahl Leckerli würden wir gerne auf den Weg bringen und losschicken…

Tolle Leute!

Ja, aber jetzt kommt’s im letzten Satz. Letzte Frage in deren Brief: „Gibt es Caruso überhaupt (noch)? Denn ein transzendenter Hund wird auch mit den schönsten Leckereien nicht glücklich…also was sollen wir tun?“

Ja, spinnen die? Die zweifeln an meiner Existenz. Und das kurz vor Ostern! Ich fass’ es nicht, mit wem verkehren Sie denn da!

Ja, eben, ich bemerke doch jeden Tag, dass Sie alles andere sind als eine transzendente Erscheinung! Vor allem, wenn Katzen durch den Garten laufen!

Ja, eben…also Sie haben denen schon gesagt, dass die das Päckchen zügig losschicken sollen!

Na, ich hab erst mal erklärt, dass es Sie gibt! Caruso lebt und erfreut sich – Gott sei Dank – bester Gesundheit, hab’ ich geschrieben….er ist alles andere als eine transzendente Erscheinung!

Gut so – und das Päckchen?

Ja, also Herr Caruso, wir wissen doch beide, dass Sie sowieso einen allzu großen Hang zu Naschereien haben…

Das ist jetzt nicht Ihr Ernst…

Also mein Kompromissvorschlag ist der: Nächstes Mal kommen Sie doch mit zum philosophischen Zirkel bei den Jesuiten in München. Das ist eine solche Wohltat, da hat man auf andere Leckereien gar keine Lust mehr – und bleibt am Ende gesund!

Herr Professor, ich weiß jetzt nicht, ob ich mit Ihnen noch befreundet sein möchte! Geben Sie mir bitte etwas Zeit, darüber nachzudenken!

Alles klar, Herr Caruso, auf bald mal wieder!

Straubinger Tagblatt vom 5. April 2025